Dr. Daniel Siegmund: H2Organic
Viele Herstellungsprozesse der chemischen Industrie können auch im Jahr 2021 nicht als nachhaltig bezeichnet werden. Oftmals basieren diese direkt oder indirekt auf fossilen Energieträgern oder ergeben potenziell schädliche Nebenprodukte. Innovative elektrochemische Verfahren, getrieben durch erneuerbare Energien, können diese Nachteile minimieren und so die Etablierung einer nachhaltigen Zukunft für Deutschland und die Welt vorantreiben.
Anhand der kontrollierten Übertragung von Wasserstoff auf organische Chemikalien zeigt die Gruppe um Dr. Daniel Siegmund mit dem Projekt H2Organic, wie ein zukunftsfähiger und nachhaltiger elektrochemischer Prozess gelingen kann. Elektrochemische Syntheseprozesse sind zukunftsweisende Ansätze, Strom aus erneuerbaren Energiequellen direkt zur Herstellung chemischer Erzeugnisse mit „grünem Fußabdruck“ zu nutzen. Strom kann dabei als spezielles Reagenz aufgefasst werden, der den Einsatz großer Mengen chemischer Oxidations- und Reduktionsmittel überflüssig macht und so hilft, Abfallprodukte zu vermeiden. Elektrochemische Prozesse sind zudem leicht kontrollierbar und benötigen in der Regel keine aufwendigen Reaktionsbedingungen wie etwa hohe Temperaturen oder Drücke.
Um einen effektiven elektrochemischen Prozess zu gestalten muss allerdings ein präzises Zusammenspiel aller Bausteine einer elektrochemischen Reaktionszelle bzw. eines Reaktors erreicht werden. Dies umfasst nicht nur das grundlegende Design des Reaktors, sondern erfordert auch optimal angepasste Materialen wie etwa speziell angepasste Katalysator-Materialien als Reaktionsbeschleuniger, Membranen zur Trennung von Reaktionsräumen und korrosionsstabile Gehäusekomponenten und Dichtungen. Insbesondere bei der Übertragung einer elektrochemischen Reaktion im kleinen Labormaßstab zu einem industriellen Prozess besteht ein hoher Innovationsbedarf.
Demonstration notwendiger Arbeitsschritte zur Gestaltung eines elektrochemischen Prozesses
Hier setzt die Gruppe um Dr. Daniel Siegmund mit dem Projekt H2Organic an: Die Übertragung von grundlegender Materialforschung in einen effektiven elektrochemischen Prozess mit industriellem Potenzial wurde als entscheidende Innovationslücke identifiziert. Anhand der sogenannten Hydrierung von organischen Chemikalien, d.h. der Übertragung von Wasserstoff auf diese Substrate, demonstriert das Team alle notwendigen Arbeitsschritte zur Gestaltung eines elektrochemischen Prozesses. Dabei identifizieren die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen in einem interdisziplinären Ansatz zwischen Natur- und Ingenieurswissenschaften die entscheidenden Parameter um ein synergetisches Zusammenspiel der einzelnen Kernkomponenten zu erreichen und einen effektiven Prozess zu gestalten.
Ein erfolgreiches Hydrierungsverfahren kann hierbei nicht nur zur nachhaltigen industriellen Synthese, z.B. in der Margarine-Herstellung, verwendet werden, sondern bietet vielversprechende Perspektiven als Wasserstoff-Speichertechnologie oder der Herstellung des wichtigen Basisstoffes Ammoniak aus Stickstoff. Das Team um Dr. Siegmund trägt mit H2Organic nicht nur dazu bei Deutschland als Wasserstoff-Standort zu stärken, sondern unterstützt die Etablierung innovativer Syntheseprozesse und damit die Vision einer nachhaltigen chemischen Industrie.
Nachwuchsgruppenleiter Dr. Daniel Siegmund
Herr Dr. Daniel Siegmund studierte Chemie an der Ruhr-Universität Bochum. Seinen Doktortitel erhielt er 2017 von derselben Universität aufgrund seiner Arbeiten an innovativen metallhaltigen Antibiotika und mehreren Forschungsaufenthalten an der ENS Paris. Im Fokus seiner Forschungsinteressen standen stets anwendungsorientierte Projekte. So wechselte er 2018 an das Fraunhofer Institut UMSICHT, wo er sich mit der Nutzung von Elektrolyseprozessen auf Basis erneuerbarer Energien für nachhaltige Synthese- oder Energiespeicherprozesse beschäftigt. Seit 2020 leitet er dort die Arbeitsgruppe Elektrokatalyse und seit Oktober 2021 das vom BMBF geförderte Projekt „H2Organic“ im Rahmen einer „NanoMatFutur“-Nachwuchsgruppe.