Dr.-Ing. Maren Lepple: MEO-TBCs

Neue Materialien, die bei hohen Temperaturen in aggressiven Atmosphären über lange Zeit stabil sind, sind für effizientere Triebwerke, z.B. für Flugzeuge, gefragt. Dadurch kann der Verbrauch fossiler Brennstoffe und der Ausstoß von Kohlenstoffdioxid und anderer Schadstoffe minimiert werden.

Effizientere Turbinen dank neuer Materialien

Keramische Materialien, die als Wärmedämmschichten auf den metallischen Materialien in den heißesten Zonen aufgebracht sind, spielen im Turbinenbau eine zentrale Rolle bei der Steigerung der Effizienz. Durch den Einsatz der Wärmedämmschichten können Verbrennungstemperaturen in den Turbinen oberhalb der Schmelztemperaturen der metallischen Werkstoffe erreicht werden. Durch eine weitere Erhöhung der Verbrennungstemperatur kann der Wirkungsgrad und damit die Effizienz der Turbine noch erhöht werden. Hierin liegt das größte Einsparpotential, da neue nachhaltige Antriebstechnologien, wie sie im Automobilbereich bereits ihre Anwendung finden, in der Luftfahrtbranche noch längst nicht bis zur Marktreife entwickelt sind bzw. Verbrennungsturbinen nicht ersetzen können.
Die bisher eingesetzte Keramik aus stabilisiertem Zirkoniumdioxid ist oberhalb von 1200 °C im Langzeiteinsatz jedoch nicht temperaturbeständig. Eine Alternative, die allen Anforderungen an eine Wärmedämmschicht genügt, wurde bisher noch nicht gefunden. Die Anforderungen sind hoch: Stabilität bei hohen Temperaturen, niedrige Wärmeleitfähigkeit, angepasster thermischer Ausdehnungskoeffizient, thermische Wechsellastfähigkeit, Korrosionsresistenz und gute mechanische Eigenschaften.
Im innovativen NanoMatFutur-Projekt „MEO-TBCs“ von Prof. Dr.-Ing. Maren Lepple wird eine neue vielversprechende keramische Materialklasse, die sogenannte multikomponentige äquiatomare Oxide, oder auch Hochentropie-Oxide, untersucht. Für Metalle sind solche Legierungen, die Hochentropie-Legierungen genannt werden, bereits bekannt. Sie werden für die unterschiedlichsten Anwendungen erforscht, da sie im Vergleich zu anderen Legierungen besondere Eigenschaften aufweisen. Es wird daher angenommen, dass die in diesem Projekt untersuchten Oxide ebenfalls erfolgsversprechende Eigenschaften aufweisen, wie geringe Wärmeleitfähigkeit und Hochtemperaturstabilität.

Das besondere an den Hochentropie-Oxiden ist, dass sie aus verschiedenen Metallkationen bestehen. Durch die Mischung verschiedener Atome kann zum einen die Wärmeleitfähigkeit reduziert werden, zum anderen kann dadurch die Entropie erhöht werden, die Materialien bei hohen Temperaturen stabilisiert. Dies sind bereits zwei wichtige Anforderungen, die Wärmedämmschichten erfüllen müssen. Durch die Variationsmöglichkeiten in der Zusammensetzung können weitere Eigenschaften gezielt eingestellt werden. Dies macht diese neue Materialklasse vielversprechend für die Anwendung in Wärmedämmschichten.

Im Forschungsvorhaben MEO-TBCs wird das Potential dieser neuen Materialklasse als Hochleistungsmaterial für zukünftige Wärmedämmschichten untersucht. Zunächst werden die vielversprechendsten Verbindungen systematisch synthetisiert und auf thermische Stabilität und Wärmeleitfähigkeit geprüft. Anschließend werden die anwendungsrelevanten mechanischen Eigenschaften und die Korrosionsresistenz untersucht. Das Projekt wird durch Industriepaten aus dem Turbinenbau begleitet. So wird der Transfer der Ergebnisse in die Anwendung beschleunigt.

Nachwuchsgruppenleiterin Prof. Dr.-Ing. Maren Lepple

Frau Prof. Dr.-Ing. Maren Lepple studierte Werkstoffwissenschaft an der Universität Stuttgart. Nach dem Diplom promovierte sie am Institut für Angewandte Materialien – Angewandte Werkstoffphysik (IAM-AWP) am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), wobei sie sich mit der Entwicklung und Untersuchung von neuen Elektrodenmaterialien für Lithium-Ionen-Batterien beschäftigte. Anschließend forschte Frau Lepple als PostDoc am Eduard-Zintl-Institut für Anorganische und Physikalische Chemie der Technischen Universität Darmstadt an Hochtemperatur-Werkstoffen für zukünftige Wärmedämmschichten. Diese Arbeit war geprägt durch eine enge Kollaboration mit Prof. Carlos Levi von der University of California, Santa Barbara und Prof. Alexandra Navrotsky von der University of California, Davis, wo Frau Lepple auch einen Forschungsaufenthalt absolvierte. Anfang 2019 wechselte Frau Lepple an das DECHEMA-Forschungsinstitut in die Arbeitsgruppe Hochtemperaturwerkstoffe, wo sie an verschiedenen Projekten mit Bezug zu Hochtemperaturwerkstoffen und Korrosion arbeitete und die BMBF-Nachwuchsgruppe MEO-TBCs einwerben konnte. Im Dezember 2021 erhielt Frau Lepple den Ruf der Justus-Liebig-Universität Gießen auf die W1 Professur (mit tenure track nach W2) für Anorganische Chemie mit dem Schwerpunkt Material und Energie, die sie im Juni 2022 antrat. Schwerpunkte der Forschung sind die Entwicklung und Untersuchung neuer innovativer Hochleistungskeramiken für die effiziente Energiewandlung und -speicherung.