Dr. Regina Bleul: BioTherNa

Krebs gehört nach wie vor zu den häufigsten Todesursachen - in Deutschland und weltweit. Neben starken Symptomen der Erkrankung leiden die Patienten oft zusätzlich an schweren Nebenwirkungen der Therapie. Zurückzuführen ist das auf die unspezifische Freisetzung der oft hochgiftigen Wirkstoffe im Körper. Im Projekt BioTherNa sollen neue Wege erforscht werden, um einen sicheren Wirkstofftransport zu den erkrankten Zellen und eine steuerbare Wirkstofffreisetzung zu gewährleisten.

Dabei sollen die gefährlichen Wirkstoffe in Hüllen verpackt werden, die sich durch einen speziellen Schalter öffnen lassen - und zwar erst dann, wenn sie den Tumor als Zielort erreicht haben. Die Hüllen werden aus einem temperatursteuerbaren Material hergestellt, so dass sie bei einer Temperaturerhöhung in ihre Einzelkomponenten zerfallen und den Wirkstoff freisetzen können. Dieser Mechanismus nutzt eine Eigenschaft der Tumorzellen, die aufgrund ihrer erhöhten Stoffwechselaktivität gegenüber dem umliegenden Gewebe eine um etwa 1-2 °C erhöhte Temperatur aufweisen.

 

Krebstherapie (r)evolutionieren

Um diese besondere temperaturabhängige Freisetzung zu erzielen, wird mit einem biomimetischen Konzept nach Vorbild eines ganz natürlichen Ablaufs gearbeitet.  So wie zum Ablesen der Erbinformation die Doppelhelix der DNA in ihre Einzelstränge auseinandergeht, so sollen auch die Polymerketten, die die Wirkstoffhülle bilden, temperaturabhängig ihre Wechselwirkungen ändern und dadurch die Durchlässigkeit der Hülle erhöhen. Dieses Wirkstoffträgerkonzept soll für eine Vielzahl von Wirkstoffen einsetzbar sein. Auf diese Weise soll die Therapie mit konventioneller Chemotherapie verträglicher werden. Gleichzeitig sollen neue Wege für einen sicheren Einsatz innovativer Therapeutika, die beispielsweise aufgrund ihrer Empfindlichkeit geeignete Schutzhüllen benötigen, beschritten werden.

Die temperaturabhängige Wirkstofffreisetzung ermöglicht weiterhin eine Kombinationstherapie, bei der der Tumor gezielt überhitzt wird, um die entarteten Zellen zu schädigen. Hierbei wird der Tumor nicht nur durch die Hitze bekämpft, sondern zusätzlich durch ortsgenaue Ausschüttung von hochwirksamen Krebswirkstoffen.

Nachwuchsgruppenleiterin Dr. Regina Bleul

Frau Dr. Regina Bleul absolvierte zunächst ein Studium zur Diplomingenieurin Biotechnologie in Darmstadt. Nach dem Diplom promovierte sie erfolgreich an der Freien Universität Berlin und der Bundesanstalt für Materialforschung und –prüfung (BAM). Während der Promotion verbrachte sie einen halbjährigen Forschungsaufenthalt an der University of British Columbia in Vancouver, Kanada. Seit 2014 forscht sie am Fraunhofer IMM zu Nanopartikelsystemen und deren Synthese in mikroverfahrenstechnischen Anlagen. Die Entwicklungen neuer nanopartikulärer Systeme und Formulierungen umfassen diagnostische und therapeutische Anwendungsgebiete maßgeblich in der Krebsmedizin. Seit Oktober 2020 baut sie am Fraunhofer IMM die „NanoMatFutur“-Nachwuchsgruppe „Nanomaterialien für Krebstherapien“ auf.