Dr. Martina Delbianco: CarboMat

Kohlenhydrate bieten eine enorme Materialquelle. Das Projekt „CarboMat" wird das Potenzial von Kohlenhydraten aufdecken - mit Anwendungen von der Nanotechnologie bis zur Massenindustrie.

Natürlich vorkommende Polymere ziehen als Quelle erneuerbarer und biokompatibler Materialien mit minimaler Belastung für die Umwelt sehr viel Aufmerksamkeit auf sich. Inspiriert durch die Natur erschaffen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler synthetische Analoga, um Designermaterialien zu kreieren. Das ist das Hauptforschungsfeld der modernen Bionanotechnologie. Biokompatible Materialien bestehen hauptsächlich aus Aminosäuren und Nukleinsäuren und sind auf molekularer Ebene weitestgehend erforscht und verstanden. Allerdings ist ihre industrielle Nutzung durch die geringe Verfügbarkeit an Rohstoffen limitiert.
Kohlenhydrate (Zucker) haben ebenfalls ein hohes Potenzial zur Herstellung von Materialen und sind in der Natur sowohl reichlich vorhanden als auch kostengünstig. Zusätzlich ist die Eigenschaft der Kohlenhydrate, hierarchische Strukturen zu bilden, sehr nützlich für die Bildung von Biomaterialien mit gezielt einstellbaren Eigenschaften. Jedoch sind Kohlenhydrate im Vergleich zu anderen Biomaterialien aufgrund ihrer intrinsischen Komplexität auf molekularer Ebene bis jetzt kaum verstanden, wodurch die Produktion von maßgeschneiderten Materialien bisher nicht möglich ist. Die Gewinnung und Verarbeitung der Rohstoffe erfolgt meist mittels schädlicher Chemikalien und führt zu komplexen molekularen Mischungen, die nur wenig Rückschlüsse auf Struktur-Funktions-Beziehungen zulassen. Das enorme Potenzial von Kohlenhydraten als Rohstoff für Materialen wird deswegen bei Weitem nicht ausgeschöpft.

 

Ziel von „CarboMat“ ist es, das grundsätzliche Verständnis für Kohlenhydrate zu erweitern. Hochmoderne automatisierte Techniken sollen die synthetische Herstellung und Charakterisierung von natürlichen und unnatürlichen Kohlenhydraten ermöglichen. Diese Substanzen können dadurch zur Erforschung ihrer strukturellen Eigenschaften genutzt werden. Das so erhaltene, grundlegende Wissen wird die Herstellung von Designermaterialien mit genau einstellbaren Eigenschaften ermöglichen, um biologisches Gewebe nachzuahmen und um die Eigenschaften von natürlichen Polymeren zu modulieren. Mit „CarboMat“ sollen natürliche Kohlenhydrate (z.B. Cellulose), die am häufigsten vorkommenden erneuerbaren Materialien unseres Planeten, besser und effizienter nutzbar gemacht werden.

Nachwuchsgruppenleiterin Dr. Martina Delbianco

Frau Dr. Martina Delbianco studierte Chemie an der Universität Mailand, Italien. Nach dem Diplom promovierte sie erfolgreich an der Universität Durham, UK. Seit 2015 forscht sie am Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung zur Synthese und Charakterisierung von Kohlenhydraten. Ihr Forschungsteam nutzt organische chemische Ansätze, um grundlegende Eigenschaften von Kohlenhydraten aufzudecken. Seit 2021 leitet sie am Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung in Potsdam die durch „NanoMatFutur“ geförderte Gruppe „Carbohydrate Materials“.