Prof. Dr.-Ing. Steffen Strehle: Sense-U
Drähte aus Silizium, tausend Mal dünner als ein menschliches Haar, ermöglichen vollkommen neue Konzepte für miniaturisierte Sensoren. Im Forschungsprojekt Sense-U sollen sowohl neue Fertigungstechnologien als auch neue Anwendungsfelder für derartige Silizium-Nanodrahtsensoren erforscht werden. Im Fokus der Anwendungen stehen hierbei die chemische und biologische Sensorik als auch die Sonden-Mikroskopie für Zellbiologie und Materialforschung.
Silizium ist das bedeutendste Grundmaterial für unsere heutige Elektronik. Mit Hilfe von Gold-Nanopartikeln lassen sich kleinste Silizium-Drähte in perfekter Kristallqualität und bisher ungeahnter Komplexität züchten, welche potentiell in allen Bereichen der Elektronik und Sensorik eingesetzt werden könnten. Aufbauend auf derartigen Silizium-Nanodrähten wurden bereits mehrere innovative und leistungsfähige Anwendungen im Bereich der Elektronik, der biochemischen und chemischen Analytik, der Photonik, der nanomechanischen Systeme sowie der Energietechnik vorgestellt. Trotz des großen Potentials verblieben diese Innovationen bisher allerdings fast stets im Stadium eines Labor-Prototyps.
Das übergeordnete Ziel des Forschungsprojekts Sense-U ist die Entwicklung und Erforschung von Silizium-Nanodraht-Sensoren und -Technologien unter Berücksichtigung industrieller Fertigungsaspekte. Hierzu müssen diese halbleitenden Silizium-Nanodrähte und auch Nanoröhren in hoher Qualität reproduzierbar erzeugt und anschließend funktionell, als sog. Feldeffekt-Transistoren, integriert werden. Bei einem Feldeffekt-Transistor führt eine Änderung von elektrischen Ladungen an der Oberfläche des Materials zu einer Veränderung der Anzahl von Ladungsträgern im Inneren des Materials. Die Änderung der Ladungsträgeranzahl kann sehr einfach durch Messung des elektrischen Widerstands nachgewiesen bzw. aufgezeichnet werden. Da ein Nanodraht im Vergleich mit seinem Volumen eine sehr große Oberfläche aufweist, ist die Änderung des Widerstands bzw. der sog. Feldeffekt sehr ausgeprägt. Dies verspricht ein extrem hohes Nachweisvermögen für Ladungen bzw. für elektrische Potentialänderungen. Um auch eine Messung ganz bestimmter Moleküle, wie z.B. Indikatoren für Krankheiten im Bereich der medizinischen Sensorik, nachweisen zu können, ist es möglich, die Oberfläche dieser Nanodrähte zusätzlich chemisch zu modifizieren. Hierdurch kann erreicht werden, dass nur ganz bestimmte Moleküle an den Nanodraht anbinden können und zu einem Messsignal führen.
Für die Herstellung der Nanodraht-Sensoren müssen mit Hilfe mikrotechnologischer Verfahren kleinste elektrische Kontakte und auch Schutzschichten unter Reinraumbedingungen realisiert werden. Die größte Herausforderung besteht hierbei in der Positionierung eines einzelnen Nanodrahts auf der zukünftigen Chipoberfläche. Hierfür gibt es erste technologische Ansätze, welche es jedoch mit konsequentem Fokus auf eine zukünftige industrielle Anwendung weiter zu erforschen gilt. Auch die chemische Oberflächenfunktionalisierung von Silizium-Nanoröhren und der Transport von Ionen oder anderen Stoffen durch diese Nanoröhren muss grundlegend studiert werden.
Um Nanodraht-Sensoren auch lokal mit Nanometerpräzision einsetzen zu können, sollen auch Sondensysteme erforscht werden. Hierdurch ergeben sich vollkommen neue Möglichkeiten für das Studium von zellulären Prozessen in der Biologie oder auch im Bereich der Oberflächenuntersuchen bei verschiedenen Materialien. Im Erfolgsfalle ließen so sich so auf kurzfristige Sicht neuartige Sonden kommerziell erzeugen, welche ein weites Nutzfeld ansprechen.