Prof. Dr. Torsten Wagner: Opto-Switch
Ein vielversprechender Trend in der Medizin ist die personalisierte Medizin. Darunter wird eine individuelle Behandlung und Betreuung von Patienten verstanden. Solche Behandlungsmethoden scheitern derzeit leider oft an den hohen Kosten. Intelligente, möglichst autarke Messsysteme könnten helfen, diese Kosten zu reduzieren. Im Projekt Opto-Switch wird an solchen Systemen gearbeitet.
„Lab-on-a-Chip“-Systeme sind schon lange Gegenstand von Forschung und Entwicklung. Dabei werden Analysemethoden, die bisher in einem Labor durchgeführt werden mussten, in einem kleinen Chip integriert. Dies bietet viele Vorteile. So lassen sich diese Systeme u. a. auch von Patienten selbst bedienen. Messungen sind somit überall und jederzeit möglich. Dies hilft vor allem dem diagnostizierenden Arzt, der mit den individuellen Daten die Behandlung besser auf genau diesen Patienten abstimmen kann. Kostet eine einzelne Messung dann auch noch deutlich weniger als die entsprechende Analyse im Labor, helfen solche Systeme zudem die Kosten zu senken. Dass dies funktioniert, zeigt das Beispiel des Glukosemessgerätes, das sich heute in jeder Apotheke findet. Warum gibt es solche praktischen kleinen Messgeräte nicht auch für viele weitere Krankheitsbilder?
Das Problem liegt oft in der Komplexität der Messung. „Lab-on-a-Chip“-Systeme müssen die Probe aufbereiten, etwa filtern oder verdünnen. Reagenzien müssen manchmal hinzugefügt werden und die eigentliche Analyse schließlich durchgeführt werden. In einem „Lab-on-a-Chip“-System müssen daher viele Komponenten auf einander abgestimmt werden. Über komplexe Bauteile wie miniaturisierte Pumpen und Ventile, erfolgen die Probenaufbereitung und der -transport. Verschiedene miniaturisierte Sensoren erfassen anschließend die notwendigen physikalischen und chemischen Messwerte. All diese Teilkomponenten sind über Mikrokanäle miteinander verbunden.
Auch wenn bereits verschiedene „Lab-on-a-Chip“-Systeme entwickelt wurden, sind aufgrund der Komplexität ihres Aufbaus die Herstellungskosten schlicht zu hoch. Ziel muss es daher sein, die Komplexität der Systeme zu verringern. Bei vielen angedachten Messungen ist man zudem darauf angewiesen, erst einmal das zu finden, was man eigentlich untersuchen möchte, z. B. einige wenige spezielle Zellen. Was im Labor mit Hilfe von Mikroskopen und Fachpersonal durchführbar ist, stellt „Lab-on-a-Chip“-Systeme oft vor eine Herausforderung. Die genaue Position, Größe und Form von Sensoren und Komponenten wird bisher bereits während der Fertigung genau festgelegt. Sollten sich z. B. Zellen nicht genau über den Sensoren befinden, kann die Messung nicht erfolgen. Daher wäre für viele Anwendungen eine größere Flexibilität bei der Wahl der Größe, Form und Lage der Sensoren und Komponenten hilfreich.
Das Projekt Opto-Switch von Prof. Dr. Torsten Wagner verfolgt hierbei einen neuen Ansatz. Anstatt die einzelnen Komponenten während der Herstellung des Chips festzulegen und elektrisch zu kontaktieren, kommen gebündelte Lichtstrahlen zum Einsatz. So werden Sensoren entwickelt, bei denen die genaue Lage, Form und Größe der aktiven Sensorfläche mit Hilfe eines Lichtstrahls gewählt und sogar verändert werden kann. Hierdurch lassen sich Messungen zielgerichtet an der dafür am besten geeigneten Stelle durchführen. Die Auswahl kann unmittelbar vor der Messung stattfinden oder auch während des laufenden Messbetriebs verändert werden. Auch Ventile lassen sich mit Hilfe von Licht öffnen oder schließen. Der Transport von Flüssigkeiten durch Mikrokanäle lässt sich so steuern. Die Arbeitsgruppe nutzt dabei die neusten Entwicklungen im Bereich der optischen Technologien. Herausforderungen bestehen vor allem in der Anpassung der einzelnen Technologien. Je nach Kombination, können sich diese gegenseitig behindern oder sogar ausschließen. Hier gilt es neue Lösungsansätze zu finden, um die einzelnen Technologien auch innerhalb eines „Lab-on-a-Chip“-Systems kompatibel zu gestalten. Im gelungenen Zusammenspiel aller am System beteiligten Technologien entsteht so eine gemeinsame Entwicklungs-Plattform für licht-steuerbare „Lab-on-a-Chip“-Systeme. Basierend auf dieser Plattform soll mit Partnern aus der Industrie und Wissenschaft im Anschluss konkrete Anwendungen erarbeitet werden.
Nachwuchsgruppenleiter Dr. Torsten Wagner
Herr Prof. Dr. Torsten Wagner absolvierte zunächst eine Ausbildung zum Physiklaboranten, bevor er ein Elektrotechnikstudium an der FH Aachen aufnahm. Zusätzlich begann er ein Master-Studium im Bereich mathematischer Modellbildung und theoretischer Regelungstechnik an der Coventry University in England. Anschließend promovierte er erfolgreich an der FH Aachen in Kooperation mit der Universität Marburg im Bereich der Halbleiter-basierten Chemo- und Biosensorik. 2008 trat er eine von der „Japan Society for the Promotion of Science“ finanzierte Postdoc-Stelle an der Tohoku University in Sendai an, wo er 2010 eine Anstellung als „Assistance“-Professor erhielt. Seit November 2012 leitet er am Institut für Nano- und Biotechnologien (INB) der FH Aachen die „NanoMatFutur“-Nachwuchsgruppe „Optische Mikro- und Nanosystemtechnik“. 2013 wurde er zum Professor für „Steuerungs- und Regelungstechnik“ im Fachbereich Medizintechnik und Technomathematik berufen und ist seitdem auch stellvertretender Institutsleiter des INBs.