Dr. Gerardo Hernandez-Sosa: BioLicht

Nur ein kleiner Teil der knapp zwei Millionen Tonnen Elektroschrott, der jährlich in Deutschland anfällt, wird wiederverwertet. Damit mehr Materialien wiederverwertet werden können, entwickelt das Projekt BioLicht, elektronische Leuchtmittel aus kompostierbaren Naturmaterialien sowie Verfahren für die industrielle Produktion.

Leitende Materialien und Farbstoffe aus Pflanzenextrakten oder Isoliermaterialien aus Gelatine – biologisch leicht abbaubare Materialien sind zwar nicht so langlebig wie die etablierten anorganischen Alternativen. Für die kurze Lebensdauer von Einwegelektronik sind sie aber gut geeignet. Die kurzen Einsatzzeiten überstehen sie schadlos. Produkte können, sobald sie ausgedient haben, einfach in den Biomüll oder auf den Kompost geworfen werfen, wo sie gleich einer Bananenschale verrotten. Gerade die noch junge gedruckte Elektronik erschließt derzeit neue Märkte mit kostengünstigen Einwegprodukten, wie interaktiven Verpackungen oder intelligenten Pflastern.

Gängige gedruckte Elektronik, etwa organische Leuchtdioden, sind bislang nicht biologisch abbaubar. Die Elektronik lässt sich aus speziellen Tinten des organischen Materials drucken. “Organisch“ sagt hier noch nichts über die Umweltverträglichkeit aus, sondern meint hier Kunststoffe auf Kohlenstoffbasis. Diese Tinte kann auf flexible Trägerfolien wie auf Papier aufgedruckt werden. Die Trägerfolien sind aus dem gleichen Plastik wie herkömmliche Getränkeflaschen. Die Nachwuchsgruppe BioLicht verwendet hierfür nur Materialien, die in der Natur tatsächlich vorkommen. Als Trägerfolien eignen sich beispielsweise Speisestärke, Zellulose oder Chitin. Der Vorteil von Plastik: Es ist biegsam, kostengünstig und lässt sich zu kilometerlangen Druckerfolien verarbeiten. Mit dieser Technologie wird es möglich etwa Aufkleber mit einer elektronischen Ampel für das Haltbarkeitsdatum oder Pflaster mit eingebauten Sensoren zur Überwachung des Heilungsprozesses, im industriellen Maßstab herzustellen.

Zunächst gilt es allerdings auf umweltverträgliche Folien elektronische Schaltungen zu drucken, ähnlich wie Buchstaben auf Papier. In der Tinte sind anstelle der Farbpartikel leitende, halbleitende oder isolierende, Materialien gelöst. Nach dem Auftragen trocknet das flüssige Lösemittel und die zurückbleibende Schicht bildet das entsprechende elektronische Bauteil.

Für die Tinten werden umweltverträgliche Materialien mit den gewünschten elektrischen Eigenschaften identifiziert. Beispielsweise eignet sich Hartgelatine, aus der Medikamentenkapseln bestehen, zum Isolieren. Aufwendig ist auch die Wahl des Lösemittels: Eine Voraussetzung ist, dass es bei den Temperaturen während des Drucks in flüssig bleibt. Weiterhin darf es im Unterschied zu gewöhnlicher Tinte nicht in das Trägermaterial eindringen, sondern sollte darauf einen geschlossenen Flüssigkeitsfilm bilden. Ein zu dickflüssiges Lösemittel verstopft den Drucker. Ein zu dünnflüssiges verläuft auf der Trägerfolie und benetzt sie nicht gleichmäßig. Die Eigenschaften des getrockneten Materialfilms sind für die Funktion der elektrischen Bauteile entscheidend: So darf seine Dicke, die weniger als einem zehntausendstel Millimeter beträgt, maximal um fünf Prozent schwanken.

Ziel der Nachwuchsgruppe ist es, biologisch abbaubare Tinten zu entwickeln, die auf das neue Folienmaterial abgestimmt sind und gleichzeitig mit bestehenden Geräten gedruckt werden können.

Nachwuchsgruppenleiter Dr. Gerardo Hernandez-Sosa

Herr Dr. Gerardo Hernandez-Sosa erlangte 2003 seinen Bachelor in angewandter Physik an der Universidad Autonoma de  San Luis Potosi in Mexiko. 2005 schloss er an der gleichnamigen Universität einen Masterstudiengang im Fach der angewandten Naturwissenschaften ab. Es folgte eine Promotion an der Johannes Kepler Universität in Linz, Österreich über selbstorganisierte organische Nanostrukturen und Oberflächenmodifikation mit kleinen Molekülen, welche er 2009 erfolgreich beendete. Anschließend trat er bis 2010 eine Postdocstelle an der University of California in Santa Barbara, USA an, während der er an Fotodetektoren forschte. Seit 2011 arbeitet Herr Dr. Hernandez-Sosa am Karlsruher Institut für Technologie. Er ist am InnovationLab in Heidelberg tätig welches eine interdisziplinäre Forschungsplattform für Wissenschaft und Wirtschaft darstellt mit dem Schwerpunkt auf gedruckter Elektronik. Hier ist er seit 2014 Leiter der „NanoMatFutur“-Nachwuchsgruppe Biolicht.