Digitalisierte Materialforschung für optimierte hybride Werkstoffe
Hybridwerkstoffe, auch als Multimaterialkombinationen bezeichnet, finden heute vermehrt Einsatz im Maschinenbau, in der Luft- und Raumfahrt oder im Automobilsektor. Die Vorteile der verschiedenen Werkstoffe werden dabei kombiniert, um besonders leichte und stabile Strukturen zu ermöglichen. Mit Hilfe eines digitalen Zwillings soll zukünftig eine ressourcenoptimierte und zuverlässige Entwicklung von Hybridstrukturen auf Basis individualisierter Fügeverbindungen möglich sein.
Worum geht es?
Leichtbaukonzepte sollen dazu beitragen, die Klima- und Nachhaltigkeitsziele der Bundesrepublik Deutschland und Europas durch Energie- und Ressourceneinsparungen zu erreichen. Hierbei wird den sogenannten Multimaterialkombinationen eine bedeutende Rolle zugeschrieben. Durch die Kombination von Werkstoffklassen kann das Gewicht reduziert und verschiedene, zum Teil gegensätzliche strukturmechanische Eigenschaften maßgeschneidert realisiert werden. Dies erfordert die Entwicklung und Umsetzung von angepassten Verbindungskonzepten, die anwendungsspezifische Randbedingungen berücksichtigen. Bei der Entwicklung neuer Hybridstrukturen dominieren derzeit noch “Trial-and-Error“-Verfahren. Die Eigenschaften von Hybridwerkstoffen hängen stark von der Fügetechnik und den Prozessparametern ab. Neben der Haftfestigkeit beider Fügepartner ist beispielsweise die Auslegung der Grenzfläche in Bezug auf mögliche Kontaktkorrosion oder unterschiedlicher thermischer Ausdehnung von großer Bedeutung. Im Transportsektor kommen insbesondere das Schweißen, die mechanischen (z. B. Schrauben, Nieten oder Bolzen) und die Klebeverbindungen, oder Kombinationen daraus, zum Einsatz. Bei der Auslegung der Verbindung werden häufig aufwändige zerstörende Prüfungen herangezogen, um die Vor- und Nachteile der realisierbaren Techniken zu eruieren und Kennwerte für Simulationsmodelle zu ermitteln. Hintergrund ist, dass die Materialeigenschaften und Versagensmechanismen von Multimaterialsystemen in Abhängigkeit von der gewählten Fügetechnologie und Vorbehandlung noch nicht ausreichend und vor allem nicht einheitlich erforscht und dokumentiert wurden. Mit Hilfe eines digitalen Zwillings soll zukünftig eine ressourcenoptimierte und robuste Entwicklung von Hybridstrukturen auf Basis individualisierter Fügeverbindungen möglich sein.
Lösungsansatz durch digitalisierte Materialforschung
Im Fokus des Forschungsvorhabens stehen die Ermittlung, Systematisierung, Strukturierung, Modellierung und formale digitale Beschreibung der prozessabhängigen Kennwerte bei der Herstellung von Hybridwerkstoffen. Als exemplarische Materialkombination wurde ein Verbund aus Stahl und kohlenstofffaserverstärkter Kunststoff (Stahl-CFK) ausgewählt. Die Datenerhebung basiert auf der Charakterisierung und Beschreibung von Hybridstrukturen auf experimenteller und numerischer Ebene. Das notwendige Wissen wird durch eine systematische Probenherstellung und Charakterisierung des Verhaltens unter Belastung, vergleichend für zwei Fügetechniken (Kleben und Bolzen) erhoben, ergänzt um Schallemissionsanalysen. So können Schäden im Material bereits auf Mikroebene erkannt und mit dem Versagensverhalten im Hybrid auf Makroebene in Verbindung gebracht werden. Dies erlaubt die Verknüpfung der Eigenschaften der Hybridwerkstoffe mit den Prozessparametern und den Eigenschaften der jeweiligen Eingangsmaterialien. Damit sollen sowohl die Auswahl der geeigneten Fügetechnik als auch die Auslegung der Verbindung und die automatisierte Auswertung von Versagens- und Schadensmustern ermöglicht werden. Durch numerische Modellierung wird die Streuung der Materialkennwerte aufgrund von Materialunterschieden und systematischen Maschinenfehlern erfasst. Damit können Eigenschaftsschwankungen der Hybridwerkstoffe und somit das Versagensverhalten besser vorhergesagt und entsprechend bei der Bauteilauslegung berücksichtigt werden. Durch angepasste Sicherheitsfaktoren können der Materialeinsatz und das Gewicht im Bauteil reduziert und somit ein direkter Beitrag zur Schonung von Ressourcen und Umwelt geleistet werden.