Generative Herstellung von Implantaten mit Hybridstrukturen für den Schädelbereich
Ein Implantat, das eine ausreichende mechanische Stabilität hat, dem Chirurgen eine einfache Handhabung ermöglicht und gleichzeitig dem Knochen eine gute Matrix zum Einwachsen bietet, ist Ziel des ehrgeizigen Projektes Hy2Print.
Der Körper des Menschen ist nicht in der Lage große Defekte der Schädelknochen selbst zu regenerieren. Defekte Schädelknochen sind die Folgen von Unfällen, seltenen Stoffwechselerkrankungen aber vor allem von chirurgischen Eingriffen. Diese Operationen werden notwendig aufgrund von Tumoren, Blutungen im Gehirn oder erhöhtem Gehirn-Druck. Zur Versorgung der Knochendefekte im Schädel werden heute entweder ein Stück Knochen aus einem anderen Körperteil des Patienten– typischerweise aus dem Becken oder dem Wadenbein – oder synthetische Implantate verwendet. Diese unterstützen das Nachwachsen des Knochens nicht bzw. in nur geringem Umfang oder erfordern einen zusätzlichen chirurgischen Eingriff.
Um die Patientenversorgung zu verbessern starteten zwei Firmen, zwei universitäre Forschungseinrichtungen und ein Fraunhofer Institut dieses Projekt. Es wird ein Implantat benötigt, welches drei Kriterien erfüllt. Es muss eine ausreichende mechanische Stabilität haben, dem Chirurgen eine einfache Handhabung ermöglichen und gleichzeitig dem Knochen eine mineralische Matrix zum Einwachsen bieten. Das Implantat soll außerdem das Wachstum des natürlichen Knochens initiieren. Dazu müssen die einzelnen Schichten des Implantats kontrolliert und langsam vom Körper abgebaut werden, um die Defektheilung bestmöglich zu unterstützen.
Schichtweiser Aufbau des Implantats
Für die einzelnen Schichten kommen verschiedene Materialien mit unterschiedlichen Eigenschaften zum Einsatz. Das Titan-Implantat entspricht weitestgehend heute bereits zum Einsatz kommenden Lösungen und schützt als äußere Schicht das darunter liegende Gewebe vor äußeren mechanischen Einwirkungen. Darunter wird ein Hydrogel auf Basis von Polysachariden (Alginat) verwendet. Dieses Hydrogel wird in vier Schichten aufgeteilt. Die Zusammensetzung dieser Hydrogel-Schichten A – D unterscheidet sich von Schicht zu Schicht um die gewünschten biologischen und mechanischen Eigenschaften zu erzielen. So wird in Schicht B ein feinkörniges Hydroxylapatit-Pulver in das Hydrogel eingebracht um ein Knochen-ähnliches Komposit zu generieren. Hiermit und durch die offenzellige, poröse Struktur der Schicht B wird das Nachwachsen des Knochens unterstützt. Die unterschiedlichen Zusammensetzungen für Schicht A und C konnten bereits im Projekt entwickelt und mit Erfolg anhand von Zellversuchen erprobt werden.
Hervorzuheben ist, dass sich dieses Implantat nicht mit konventionellen Technologien herstellen lässt. Aus diesem Grund werden alle Schichten mit Ausnahme des Titan-Implantats mit 3D-Druck hergestellt. Die Zusammensetzung der Materialien für die unterschiedlichen Schichten muss hierbei so optimiert werden, dass sie mit dem 3D-Drucker gedruckt werden können. Für Schicht A und C konnte dies bereits erfolgreich umgesetzt werden. Für das 3D-Drucken der Schicht B, also dem knochenähnlichen Komposit, gibt es vielversprechende Ergebnisse.
Damit nach dem 3D-Druck immer einwandfreie Implantate vorliegen, sind zerstörungsfreie Prüfverfahren mittels Röntgen Computertomographie erarbeitet worden. Die besondere Herausforderung war, dass trotz des unterschiedlichen Kontrasts der verschiedenen Materialien alle möglichen Fehler des 3D-Drucks identifiziert werden können.
Um auch die die Zellverträglichkeit der Implantate zu testen, wurden anhand von menschlichen Knochenzellen Besiedlungsversuche durchgeführt. Dies spielt für die Schicht B eine besonders große Rolle. Für diese Schicht werden weitere Optimierungen an der Materialzusammensetzung vorgenommen, damit die Knochenzellen so gut wie möglich am Implantat-Material anhaften und dort Knochen aufbauen. Es gibt eine vielversprechende Aktivität der Knochenzellen.
Nach den Arbeiten an den Materialzusammensetzungen und dem 3D-Druckprozess, wird es Versuche zu Sterilisation und Alterung geben.
Ein über die ursprüngliche Zielsetzung des Projekts hinausgehender Erfolg ist, dass auch das Titan-Implantat zwar mit einem anderen Verfahren aber dennoch 3D-gedruckt werden kann. Damit rücken patientenspezifische Implantate sogar in Reichweite, die ohne Aufwand für den Chirurg direkt in der Operation eingesetzt werden können. Weitere klinische Verbesserungen wie der Einsatz derartiger Implantate auch in anderen Körperregionen und das Einbringen von Medikamenten in das Implantat könnten in Zukunft mit dieser Lösung ebenfalls möglich werden.