Bioinspirierte Beschichtung zur Keimabwehr

Bakterielle Keime auf medizinischen Produkten stellen ein hohes Gesundheitsrisiko dar und können bei Patienten gefährliche Infektionen hervorrufen. Gesucht werden Beschichtungen, die Oberflächen dauerhaft und effizient keimfrei halten. Als biologisches Vorbild dient die feinstukturierte Haut von winzigen Tierchen, die unerwünschte Mikroorganismen mit Hilfe spezieller Biopolymere von sich fern halten.

Die Besiedlung von Materialoberflächen durch Mikroorganismen in multizellulären Strukturen – sogenannten Biofilmen – birgt ein erhebliches Gesundheitsrisiko, da sich Bakterien in Biofilmen antimikrobiellen Wirkstoffen entziehen können. Biofilme auf Oberflächen von Medizinprodukten wie Harn- und Gefäßkathetern, chirurgischen Drainagen oder Instrumenten können zu gefährlichen Infektionen führen. Daher werden dauerhaft wirksame Oberflächenmodifizierungen benötigt, die die Biofilmbildung auf Medizinprodukten effektiv verhindern.

Lösungsansatz

Im Projekt DynaCol-C soll ein neuartiges Biologie-inspiriertes Konzept zur Vermeidung der mikrobiellen Besiedlung von Medizinprodukten erforscht werden. Ausgangspunkt sind Vorarbeiten zu antiadhäsiven Oberflächen der Haut (Kutikula) von Collembolen, kleinen, sechsbeinigen Tieren, die auf allen Erdteilen weit verbreitet sind. Collembolen verfügen über eine fein strukturierte Kutikula, die sehr effektiv gegen Benetzung und Besiedlung durch Mikroorganismen schützt. Durch die vertiefende Analyse der chemischen Zusammensetzung der Kutikula konnte eine weitere antiadhäsive „Verteidigungslinie“ der Tiere entdeckt werden, die großes Potenzial für eine Verwertung verspricht: Als Bestandteile der Kutikula wurde u. a. Cholesterol identifiziert. Untersuchungen an Cholesterol-Beschichtungen ergaben eine ausgeprägte Resistenz gegen Proteinanhaftung und Besiedlung mit Mikroorganismen. Ursache ist der kontinuierliche Austausch der Cholesterolmoleküle an der Schichtoberfläche. Basierend auf diesen Forschungsergebnissen soll nun ein neues Konzept zur Verhinderung der mikrobiellen Besiedlung von Medizinprodukten erforscht werden. Konkret sollen die antiadhäsiven Eigenschaften von Cholesterol-Schichten in eine robuste, skalierbare Technologie überführt werden, die sich für die Beschichtung verschiedener kommerziell etablierter medizinischer Geräte eignet. Dazu soll ein Verfahren zur Bindung von Cholesterol an Oberflächen entwickelt werden, das auf der Adsorption von sogenannten "Ankerpolymeren" beruht.

Anwendungspotenziale

Die Technologie erlaubt sowohl eine sehr ablösungsstabile Beschichtung von Polymeroberflächen aus wässriger Lösung als auch eine vielfältige chemische Funktionalisierung. Im Rahmen des Vorhabens sollen Ankerpolymere an Cholesterol gekoppelt werden, um Beschichtungen mit immobilisierten aber in ihrer Orientierung beweglichen Cholesterolmolekülen herzustellen. Da Ankerpolymer-Cholesterol-Beschichtungen aus wässrigen Lösungen sehr einfach auf verschiedene Basismaterialien und unterschiedlichste Geometrien aufgebracht werden können, zeichnet sich die Technologie durch ein hohes Umsetzungspotenzial zur antiadhäsiven Funktionalisierung von Medizinprodukten aus.