Verbesserte Implantate durch reibungsmindernde und selbstheilende Beschichtungen

Künstliche Implantate sollen im menschlichen Körper möglichst bioverträglich, mechanisch belastbar und lange haltbar sein. Bei natürlichen Gelenken ermöglicht der Gelenkknorpel durch eine sehr wirksame Grenzflächenschmierung eine reibungsarme Beweglichkeit. Implantatbeschichtungen, die die Gleitfähigkeit verbessern und den Abrieb verringern, bieten aussichtsreiche Potenziale, um die Haltbarkeit künstlicher Gelenke deutlich zu steigern.

Worum geht es?

Durch die zunehmende Lebenserwartung und weitere Faktoren wie Übergewicht und körperliche Belastungen steigt die Zahl von Patientinnen und Patienten stetig an, die einen künstlichen Gelenkersatz benötigen. Allein in Deutschland werden pro Jahr rund 230.000 künstliche Hüftgelenke und 170.000 Kniegelenke eingesetzt. In vielen Fällen kommt es dabei zu Komplikationen, so dass Folgeoperationen bis hin zu einem Austausch des Implantats notwendig werden. Dies ist mit hohen Kosten für das Gesundheitssystem und gravierenden körperlichen Belastungen für die Patientinnen und Patienten verbunden. Der Hauptgrund für Revisionseingriffe sind durch Abriebpartikel verursachte Lockerungen des künstlichen Gelenks. Um dem entgegenzuwirken, sind die Verbesserung der Gleiteigenschaften und die Reduzierung des Abriebs wesentliche Ziele bei der Entwicklung neuer Prothesen.

Bioinspirierter Lösungsansatz und mögliche Anwendungen

Natürliche Gelenke besitzen hervorragende Gleit- und Abriebeigenschaften, die sie dem sogenannten hyalinen Knorpel verdanken, der vor allem im Gelenkknorpel vorkommt. Grundlage dieser Eigenschaften ist eine sehr stabile Bindung von Wasser an spezielle Biopolymere des Gelenkknorpels, woraus eine exzellente Schmierung der Gleitfläche resultiert. In Anlehnung an dieses natürliche Prinzip der Reibungsminimierung wird im Projekt SELF-X-FOR-IMPLANTS eine Plattformtechnologie erforscht, die es ermöglicht, „maßgeschneiderte“ Schichtsysteme für Implantate mit verbesserter Haltbarkeit und Verträglichkeit zu etablieren. Der Lösungsansatz zielt auf eine nanoskalige Beschichtung der verwendeten Implantatmaterialien mit speziellen Biomolekülen sowie die Ankopplung und Vernetzung weiterer Bio- und Funktionsmoleküle zu einem multifunktionalem Schichtverbund. Die so funktionalisierten Implantate sollen mit einer bisher technologisch nicht erreichten Leistungsfähigkeit mit dem biologischen Gewebe interagieren und sich zusätzlich durch ein Selbstheilungspotential auszeichnen.

Im Projekt werden folgende konkrete Anwendungen des Schichtsystems untersucht:

  • reibungsreduzierende Funktionsschichten auf Gelenkprothesen
  • Schichtsysteme mit gerinnungshemmenden Eigenschaften für Implantate im Blutkontakt (z.B. Stents)
  • Schichtsysteme mit definierter Wirkstofffreisetzung um Infektionen vorzubeugen, zum Beispiel bei Patienten mit akutem Gefäßverschluss

Im Projektkonsortium sind Forschungseinrichtungen mit den Schwerpunkten Schichtforschung, Schicht- und Funktionsanalytik sowie Industriepartner aus den Bereichen Medizinprodukteherstellung und Medizinproduktebeschichtung vertreten. Die Projektpartner bilden damit die gesamte Wertschöpfungskette ab, was eine entscheidende Voraussetzung für eine spätere Umsetzung der erzielten Ergebnisse in die klinische Anwendung ist. Im Erfolgsfall, das heißt, wenn die beschichteten Implantate deutlich verbesserte Eigenschaften gegenüber unbeschichteten Referenzsystemen aufweisen, können sowohl Belastungen des Gesundheitssystems reduziert als auch ein Mehrwert für die Betroffenen durch ein verringertes Infektionsrisiko erzielt werden.